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07. Februar 2018

Gretchen reloaded

Eine Tragödie über ungewollte Schwangerschaft

 Die Theaterpädagogin Sonni Maier gastierte bereits zum vierten Mal mit ihrem Solostück "Gretchen reloaded" am heutigen Mittwoch an unserer Schule. Aufgeführt wurde es für den Jahrgang 10 der Oberschule und für das benachbarte Gymnasium ULF. Ziel ist es, Jugendliche für das Thema „ungewollte Schwangerschaft“ zu sensibilisieren, sie aufzuklären und zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Sexualität zu animieren. Bereits im Religionsunterricht wurden die Schülerinnen und Schüler durch ihre Lehrkräfte auf das Stück vorbereitet. Dabei wurden sie von Angelika Czipull und Martina Hingst von der Beratungsstelle "Donum vitae" tatkräftig unterstützt.

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Als das Licht im Saal erlischt, ertönt aus den Lautsprechern eine verstellte Melodie des Kinderliedes „Hänschen klein" und endet mit dem Schrei eines Babys. Plötzlich öffnet sich eine Tür und ein junges Mädchen stolpert auf die Bühne und schockiert im allerersten Moment die Zuschauer. Orientierungslos und verschwitzt irrt „Jenny“, gespielt von Sonni Maier, über die Bühne. Die Babyschreie im Hintergrund verraten, was kurz zuvor geschehen ist: Das Mädchen hat alleine eine Geburt durchgestanden.
Es ist ein schrecklicher Anblick, den die Zuschauer im ersten Moment zu sehen bekamen. Denn die körperlich schmerzlichen Erfahrungen, die die Protagonistin wohl im Vorfeld erlebt hat, paaren sich mit kindlicher Naivität. Hier hat die Autorin das „Gretchen“ aus Goethes Faust zur Hauptfigur werden lassen - mehr hat das Stück jedoch mit dem Theaterklassiker nicht gemein. Der erste Schritt von Jenny geht zu ihrem Kuschelhasen, dem erst einmal erklärt wird: „Es ist nichts passiert!“ Verdrängung ist das Rezept der 13-jährigen Jenny, die das schreiende Baby im Nachbarzimmer nicht hören will und sich deshalb mit Spielen ablenkt. Denn während das Neugeborene im Hinterzimmer wimmert, spielt die junge Mutter mit ihrem Hasen ausgedehnt Verstecken - zu lange für den Zuschauer, der mit der kindlichen Naivität und Verdrängung von "Jenny" regelrecht gequält wird.
Auch die kurze Freude über das Kind ist nicht von langer Dauer. Vater Heinrich will von dem Kind nichts wissen, weist die Anrufe immer wieder ab und hört noch nicht mal den Satz der jungen Mutter: „Du bist jetzt Papa.“
Die Nachricht des Stückes wird schon in der ersten Viertelstunde deutlich: Ein Kind, ist ungewollt schwanger geworden - eine Warnung vor unbedachtem Sex. Doch Schauspielerin und Autorin Sonni Maier setzte in der zweiten Hälfte des Stückes noch einen drauf.

Erst nach und nach eröffnet sich die ganze Geschichte des 13-iährigen Mädchens, die einige Monate zuvor noch in einer heilen Kinderwelt aufgehoben war. Neugierig wurde sie, als sie dann in einem „Chatroom“ ihren Gesprächspartner „Dreamboy17“' traf. Er sei so verständnisvoll und nett gewesen. „Mit ihm konnte ich über alles reden. Und er sagte ich sei hübsch.“ Die Wahrheit über den Chatpartner „Dreamboy17“ löste jedoch ein Raunen im Zuschauerraum aus: „Dreamboy17 war gar nicht 17, sondern 42 und hieß Heinrich." Schon wurde die Geschichte auf eine andere Ebene gehoben. Das Mädchen verliebte sich in den zweifachen Familienvater. Der gab Jenny das Gefühl, sie wirklich zu lieben. „Er schenkte mir eine Diddl-Maus und ein durchsichtiges Träger-Top und sagte, ich würde damit sexy aussehen." Auch sein weiches Bett im Schlafzimmer durfte sie mit ihm ausprobieren. Die Schwangerschaft habe Heinrich immer abgelehnt, doch Jenny verwarf den Wunsch nach einer kleinen Familie mit ihrer großen Liebe nicht und behielt das Kind.

Während die 13-jährige den Werdegang ihrer, zumal verschleierten, Schwangerschaft erzählte, bohrte sich immer wieder das Schreien des Neugeborenen in den Raum und in den Kopf der Protagonistin, die letztlich kurz davor ist, das Kind zu töten und damit alles ungeschehen zu machen und zurückzukehren, in ihre Kinderwelt: „Ich bin doch nur ein einfaches Mädchen.“ Doch es trifft nur den Kuschelhasen, der fast mit einem Küchenmesser erstochen wird.
Die gelernte Schauspielerin Sonni Maier fuhr mit den Zuschauern Stimmungsachterbahn. Zurück blieb Fassungslosigkeit. Über das Schicksal und über Menschen, die in der Lage sind, Kinder dermaßen auszunutzen. Tröstlich war letztlich, dass sich Jenny dann doch für ihr Kind entschied und versprach ihm Liebe zu geben.

Nach dem Stück bot Schauspielerin Sonni Maier noch ein Nachgespräch an. „Ich finde nicht, dass man das Stück so stehen lassen sollte.“ Und so beantwortete die Wittenerin die Fragen der Schülerinnen und Schüler. Die Religionslehrkräfte werden nun im weiteren Unterricht mit A. Czipull und M. Hingst von der Beratungsstelle "Donum vitae" das Stück sehr intensiv nachbereiten.